Kinder in der Familie zukunftsfähig machen

 

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie Eltern Kleinkindern, Schulkindern und Jugendlichen Kompetenzen für die Welt von morgen vermitteln können. Vielleicht wirken die Aussagen an der einen oder anderen Stelle zu idealistisch, mag der Eindruck entstehen, dass zu hohe Anforderungen an Eltern gestellt werden. Das liegt in der Natur der Sache - es wird ein Ideal beschrieben, das in der Realität nur teilweise umgesetzt werden kann. Dieses Ideal kann aber Eltern als Orientierung dienen...

Zunächst einmal müssen sich Eltern bewusst machen, dass sie ein Kind nur außerordentlich selten bewusst erziehen und bilden. Vielmehr wirken sie vor allem indirekt: Ihre Persönlichkeit, ihre Beziehung und ihr Verhalten sind für ihre Kinder Vorbild und prägen deren Entwicklung - im positiven wie im negativen Sinne. Kinder werden eher zukunftsfähig, wenn

  1. ihre Eltern psychisch gesund sind: Die Kinder lernen von ihnen, wie man rational denkt, wie man klar urteilt, wie man Probleme löst und wie man mit Emotionen angemessen umgeht. Sie können Selbstvertrauen und ein positives Selbstbild entwickeln, da ihre Eltern einerseits als entsprechende Vorbilder wirken und andererseits zulassen können, dass ihre Kinder stark und selbstbewusst werden.
  2. die Paarbeziehung gut ist: Dann lernen Kinder, wie man positiv miteinander kommuniziert, wie man empathisch zuhört, wie man Gefühle ausdrückt und sensibel reagiert, wie man Individualität und Eigenheiten des anderen toleriert, wie man andere Menschen unterstützt und wie man Konflikte bewältigt. Sie erkennen den Zusammenhang zwischen Selbsterziehung und Beziehungsarbeit.

Wenn Eltern psychisch gesund sind und in einer guten Paarbeziehung leben, bilden Kinder sichere Bindungen aus und fühlen sich geborgen. Sie können somit das für ein aktives Erforschen ihrer Umwelt notwendige Grundvertrauen entwickeln. Akzeptieren Eltern die Individualität und Einzigartigkeit ihres Partners, so werden sie dieselbe Haltung gegenüber ihren Kindern einnehmen. Diese können sich somit frei entfalten und sich selbst verwirklichen.

Deutlich wird, wie groß die erzieherische Wirkung des Vorbilds der Eltern und ihrer Beziehung ist, dass der Qualität des Zusammenlebens und dem Familienklima eine große Bedeutung zukommt. Eltern sollten somit nicht zuerst an ihre Kinder, sondern an sich selbst und ihre Paarbeziehung denken. Dieser Grundsatz darf in Zukunft nicht mehr so häufig missachtet werden wie heute.

Wichtig ist aber auch, dass sich Eltern genügend Zeit für ihre Kinder nehmen. Wie bereits aufgezeigt wurde, werden Eltern und Kinder immer weniger Zeit miteinander verbringen (siehe z.B. Tabelle 1). Aber auch bei einer Vollerwerbstätigkeit von Eltern bleibt viel Familienzeit übrig, wie nachstehende Tabelle verdeutlicht:

Tabelle 3: Familienzeit voll erwerbstätiger Eltern
Stunden/Jahr:

365 Tage x 24 Stunden = 8.760 Stunden

...davon werden im Schlaf verbracht:

365 Tage x 8 Stunden = 2.920 Stunden

...davon werden für die Vollerwerbstätigkeit einschließlich Hin- und Rückfahrt benötigt:

230 Tage x 10 Stunden = 2.300 Stunden

...davon werden für die individuelle Freizeit (alleine lesen, sich entspannen, eigene Freunde besuchen usw.) angesetzt:

365 Tage x 2 Stunden = 730 Stunden

dann bleiben als Familienzeit:

8.760-2.920-2.300-730 =
2.810 Stunden

Im Durchschnitt stehen also 7 Stunden und 41 Minuten pro Tag für Familienaktivitäten zur Verfügung: für die Hausarbeit, das Einkaufen, das Kochen, die Gartenpflege, Reparaturen - sowie für den Partner und die Kinder. Jeder Elternteil kann somit (theoretisch) mehrere Stunden pro Woche an "Qualitätszeit" für seine Kinder aufbringen - Zeit für Gespräche, zum Spielen, Basteln und Erzählen, für gemeinsame Aktivitäten in Haushalt und Garten, für sportliche Betätigungen, Spaziergänge und Ausflüge. Während an Werktagen die Familienzeit eher gering ist, ballt sie sich an den Wochenenden (bzw. arbeitsfreien Tagen) und im Urlaub.

Wenn sich auch Väter Qualitätszeit für ihre Kinder nehmen, hat dies viele positive Auswirkungen: So wurde bei wissenschaftlichen Untersuchungen z.B. mehr Einfühlsamkeit, eine geringere Geschlechtsrollenfixiertheit, eine höhere soziale Kompetenz und eine größere Stressresistenz bei Kindern aktiver Väter festgestellt. Für Jungen sind Väter vor allem als männliche Rollenmodelle wichtig, da sie in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen nahezu ausschließlich von Frauen erzogen werden. Gemeinsame sportliche Betätigungen, (Heim-) Werken oder Aktivitäten in der freien Natur ermöglichen das Erlernen von Körperbeherrschung und leisten auf diese Weise einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung von Selbstvertrauen. Die Jungen können ihre Kräfte einsetzen und sich körperlich bewähren.

Aber nicht nur während der Qualitätszeit, sondern auch im alltäglichen Zusammenleben entfaltet sich die "Bildungsmacht" der Familie. Viele (internationale Vergleichs-) Studien haben gezeigt, dass die Schullaufbahn eines Kindes in hohem Maße dadurch bestimmt wird, ob es entweder in einer eher bildungsnahen oder in einer eher bildungsfernen Familie aufwächst. Die Zukunftsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen hängt somit in hohem Maße von der Qualität der informellen Bildung ab, die sie zu Hause erfahren.

Die Familie gilt als eine zentrale Bildungswelt, in der Kenntnisse nicht wie in der Schule "zerstückelt" vermittelt werden, sondern Teil einer Alltagsbildung sind. Diese ist umfassender als die Schulbildung, da Kinder und Jugendliche zu Hause Wissen in von der Schule vernachlässigten Bereichen (z.B. Medizin, Jura, Wirtschaftswissenschaften, Politik und Technik) sowie handwerkliche, musikalische und künstlerische Kompetenzen erwerben. Auch tragen die von den Eltern vermittelten Werte und Einstellungen in hohem Maße zur Lebensorientierung ihrer Kinder bei. Weitere bildungsrelevante Merkmale von Familien sind:

  • eine qualitativ gute Kommunikation zwischen Eltern und Kindern (auch bezogen auf Wortschatz, Begriffsverständnis, Komplexität von Sätzen usw.),
  • Unterstützung des (Klein-) Kindes bei der Erkundung der Welt und bei der Aufnahme sozialer Beziehungen,
  • bildende Aktivitäten in der Familie, z.B. Beschäftigung mit Lernspielen, Vorlesen, Experimentieren, Gespräche über Fernsehfilme, Bücher, naturwissenschaftliche Themen oder politische Ereignisse,
  • eine positive Einstellung zu Lernen und Leistung, zu Kindertageseinrichtung, Schule und Berufsausbildung bzw. Studium,
  • positive Interaktionen über das, was in der Schule und im Unterricht passiert, Unterstützung bei den Hausaufgaben, ein hohes Anspruchsniveau hinsichtlich Schulleistung und -abschluss,
  • ein enger Kontakt zwischen Eltern und Erzieherinnen bzw. Lehrern, damit Erstere wissen, wie sie außerfamiliale Bildungs- und Erziehungsbemühungen zu Hause unterstützen können.

Hier wird erneut die große Bedeutung der Umweltgestaltung durch die Eltern und der von ihnen geschaffenen Lebensordnung deutlich. Eltern erziehen und bilden durch die von ihnen gelebten Werte, ihre Weltanschauung, ihre Interessen, ihre Einstellungen, ihre Gespräche über Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur etc. Positiv wirkt sich vor allem ein dialogisches Eltern-Kind-Verhältnis aus, in dem es eine große Kommunikationsdichte gibt. Ferner erziehen und bilden Eltern dadurch, mit welchen Menschen sie ihre Kinder in Kontakt bringen, welche Aktivitäten sie mit ihnen durchführen oder fördern, welche Fernsehprogramme sie auswählen sowie welche Bücher und Spiele sie ihnen schenken.

Jedoch sollten Kinder nicht durch zu viele Aktivitäten und Angebote (z.B. Kurse in Ballett- oder Musikschulen, Mitgliedschaft in Sportvereinen) überfordert werden. Zudem sollten sie lernen, wie sie sich entspannen und zur Ruhe kommen können. Kinder benötigen Freiräume, damit sie sich unbeobachtet und selbstbestimmt erleben können.

Förderung von Kleinkindern

Am leichtesten können Kinder zukunftsfähig gemacht werden, indem die vielen Lernmöglichkeiten im Familienalltag genutzt werden. In der folgenden Tabelle sind links zu erwerbende Kompetenzen und rechts im Familienalltag auftretende Aktivitäten aufgelistet, durch die ein drei- bis sechsjähriges Kind diese Fähigkeiten und Kenntnisse ausbilden kann. Werden sie hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades variiert, sind sie auch für jüngere und ältere Kinder geeignet. Da die Tätigkeiten häufig im Familienalltag anfallen, kann durch die ständige Wiederholung der Lernerfolg gefestigt werden. Zusätzlich werden in der Tabelle eher klassische Aktivitäten mit Kindern aufgelistet, die in Kategorien wie "Spiel", "Beschäftigung" oder "Erziehung" einzuordnen sind.

Tabelle 4: Förderung kindlicher Kompetenzen
Kompetenzen Aktivitäten im Familienalltag

sprachliche Kompetenzen (deutlich sprechen, eigene Gedanken formulieren, die Vergangenheitsform bilden können...)

phonologische Bewusstheit (Struktur von Sätzen und Wörtern/ Heraushören der Laute aus einem Wort)

Literacy (Fähigkeit, Texte und deren Sinn zu verstehen; Kompetenz im Umgang mit der de-kontextualisierten und Schriftsprache; Vertrautheit mit Literatur und anderen schriftbezogenen Medien; alphabetisches Prinzip kennen)

Medienerziehung

  • viel mit dem Kind reden (Sprachbad): Sprache lernt man nur über das Sprechen
  • zuhören, wenn Kind etwas erzählen will
  • darauf achten, dass Kinder Gegenstände und Aktivitäten mit dem richtigen Wort bezeichnen und in vollständigen Sätzen sprechen
  • (offene) Fragen stellen, die längere Antworten verlangen
  • Wörter mit denselben Anfangsbuchstaben suchen lassen
  • Reime, Zungenbrecher, Gedichte und Lieder lehren, Reime klatschen
  • dialogorientierte Bilderbuchbetrachtung
  • Vorlesen/ Erzählen von Geschichten, Märchen und Sagen
  • Kinder Geschichten erfinden lassen
  • Kinder frühzeitig mit der Schrift und dem Schreiben vertraut machen, indem man vor deren Augen etwas aufschreibt, etwas tippt, im Internet recherchiert, eine SMS eingibt usw.
  • mit Kindern Schrift entdecken (z.B. in Zeitungen oder Katalogen, auf Werbeplakaten oder auf Autokennzeichen)
  • Spiele mit Schreibszenen - wobei die Kinder durchaus Fantasieschriften verwenden oder etwas hinkritzeln dürfen
  • kritischen Umgang mit Fernsehen nahebringen
  • gute Computerspiele helfen Kindern, Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben

mathematische Kompetenzen:

  • Seriation (Mengen und Längen vergleichen, Reihen fortsetzen, Gegenstände nach Eigenschaften sortieren können)
  • Rechenfähigkeit (Verbindung von Menge und Zahlwort, von Zahlwort und Zahlensymbol kennen; Schritt für Schritt zählen können; Vorgänger- und Nachfolger-Prinzip kennen)
  • räumliche Beziehungen, zeitliche Abfolgen und Richtungen kennen
  • gewaschene Socken sortieren, nach Besitzern sortieren, abzählen (10 Kindersocken bilden einen kleineren Stapel als 8 Erwachsenensocken: "mehr" ist nicht gleich "größer")
  • Entfernungen schätzen ("Wie viele Schritte bis...")
  • Bauklötze nach Größe und Farbe sortieren
  • Mülltrennung
  • beim Treppensteigen Stufen zählen ("ein Schritt vor - eine Zahl weiter"; Gefühl für Mengen: 3, 12, 20 Stufen), später rückwärts zählen
  • Abzählen der Finger, der Schritte, der (blauen) Autos usw.
  • Kartenspiele (mit aufgedruckten Zahlen)
  • kleine Summen im Geschäft bezahlen lassen
  • Wählen von Telefonnummern
  • Würfelspiele
  • Tisch decken lassen
  • sich vom Kind auf dem Heimweg führen lassen
  • Abfolgen erfragen (z.B. "Was kommt zuerst in den Kochtopf bei...")

naturwissenschaftlich-technische Kompetenzen

  • Erkundung der Natur in der nahen Umgebung (Wälder, Parks, Wiesen, Bauernhöfe usw.)
  • Naturerlebnisse: Beobachten von Tieren, Insekten und Vögeln
  • Natur mit allen Sinnen erleben (im Gras liegen, dem Wind lauschen, den Wolken hinterher schauen, den Sommerregen auf der Haut spüren, ein Iglu bauen)
  • Interesse an Natur durch eigenes Vorbild wecken (Wandern, Naturfilme anschauen, in Tierlexika nachschlagen); Namen lokal vorkommender Bäume, Pflanzen und Tiere kennen
  • spielerisches Verwenden von Naturmaterialien
  • Gartenarbeit
  • Ferien auf dem Bauernhof
  • Ausstattung des Haushalts mit Lupe/ Mikroskop/ Fernglas usw.
  • Sammlungen von Steinen, Muscheln, Baumfrüchten usw. anlegen
  • Dinge zerlegen und wieder zusammenbauen, Gebrauchsanleitungen vorlesen und befolgen
  • gemeinsames Experimentieren
  • Ausflüge/ Reisen bilden: Landschaftstypen, Klimazonen, wichtige Gebäude, Architekturstile, Museen, Denkmäler usw.

Umweltbewusstsein (Nachhaltigkeit)

  • Naturschutz (nicht zerstörerischer Umgang mit Pflanzen, Insekten und Tieren)
  • schonender Umgang mit Ressourcen (Heizung, Elektrizität, Wasserverbrauch)
  • Vorbild hinsichtlich des Konsumverhaltens (z.B. nur Nötiges kaufen, noch Brauchbares nicht wegwerfen, Fleischkonsum reduzieren, keine mit Flugzeug transportieren Lebensmittel kaufen, Leitungswasser trinken)
  • nicht alle Wünsche der Kinder befriedigen (benötigen nicht alle momentan aktuellen Kleidungsstücke/ Accessoires, nur Spielsachen kaufen, die lange genutzt werden)
  • Wertschätzung von Nahrungsmitteln, wenn Kinder erleben, wie mühsam der Anbau von Obst und Gemüse im Garten/ auf dem Balkon ist
  • Mülltrennung, Müllvermeidung

musische/ künstlerische Fähigkeiten

  • gemeinsam singen, summen, Rhythmen klatschen
  • gemeinsames Anhören von CDs
  • auf langen Autofahrten Liederkassette einlegen und mitsingen (beugt Übelkeit und Müdigkeit vor)
  • Hausmusik
  • Malen, Basteln, Tonen usw.
  • Besuche kultureller Einrichtungen: Museen, Theater, Konzerthallen, Ateliers

Lern- und Leistungsmotivation

  • eigene Erfahrungen und Erfolge ermöglichen: Kind entwickelt Erwartungshaltung "Hoffnung auf Erfolg" (besser als "Angst vor Misserfolg")
  • Gründe für Erfolge und Misserfolge möglichst in (mangelnder) Anstrengung suchen denn in Begabung/ Intelligenz, Schwierigkeitsgrad der Aktivität oder Zufall (Glück/ Pech): nur Anstrengung vom Kind selbst beeinflussbar

Gedächtnis

  • Wissensaneignung ermöglichen: geduldig die Fragen der Kinder beantworten, Dinge kindgemäß erklären
  • durch Gegenfragen das Kind anregen, über den Sachverhalt nachzudenken und selbst Antworten zu finden
  • Auswendiglernen von Liedern und Reimen
  • Merken der eigenen Adresse, von Telefonnummern usw.
  • Ausräumen der Spülmaschine
  • Aufträge erteilen
  • Memory spielen
  • Fernsehen/ Internet als Informationsquelle nutzen: öffnet neue Welten, vermittelt Wissen; möglichst über Inhalte mit Kind sprechen

Konzentration

  • Kind in stark ablenkender Umgebung (z.B. Supermarkt) ein bzw. später mehrere Aufträge erteilen (z.B. "Hole ein Paket Butter, eine Schachtel Knäckebrot ...")
  • Zahl der Spielsachen im Kinderzimmer reduzieren (und dafür häufiger einzelne Spielsachen austauschen)
  • Kind ermutigen, bei Schwierigkeiten nicht gleich aufzugeben, sodass es Ausdauer entwickelt

Problemlösekompetenz

  • Forschungsdrang fördern (z.B. Kindern nicht immer gleich zeigen, wie Geräte oder Spielsachen funktionieren)
  • Kindern Probleme nicht aus dem Weg räumen, ihnen etwas zumuten, Anstrengung zulassen
  • bei Problemen mit Kindern besprechen, wie diese gelöst werden könnten: Problem analysieren (was, wie, wo, warum ...?), in kleine, leicht zu bewältigende Aufgaben zerlegen, Prioritäten setzen, Informationen suchen, Brainstorming, Erprobung von möglichen Alternativen...
  • Ratespiele ("Was wäre wenn ...?"), Detektivspiele, Bilder vergleichen, Puzzles (System entwickeln, wie man zunächst Puzzle-Teile ordnet)

Selbstbild und Selbstvertrauen

  • Kind ermutigen, etwas Neues auszuprobieren. An frühere Erfolge erinnern. Ein Foto machen, wenn das Kind einen neuen Entwicklungsschritt getan hat, und an die Wand hängen
  • machen Eltern ihrem Kind immer wieder bewusst, dass es besondere Stärken und Fähigkeiten hat, dass es etwas Neues gelernt hat und etwas Besonderes geleistet hat, dann kann es ein positives Selbstbild entwickeln sowie optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft schauen
  • negatives Feedback, Liebesentzug, destruktive Kritik, Beschämen usw. möglichst vermeiden; Kind immer nur gerechtfertigt loben
  • das Kind auch einmal um Hilfe bitten
  • Ansichten des Kindes respektieren
  • das Kind nicht überbehüten, sondern auch Risiken und Fehler zulassen; Misserfolge nicht überbetonen, sondern als Chance sehen, aus Fehlern zu lernen

Selbständigkeit

  • Kind darf etwas so früh wie möglich selbst machen (Anziehen, Zähneputzen, Waschen usw.)
  • Selbstregulierung wird durch viele Rituale und Routinen erleichtert
  • Pflichten/ Aufgaben (und damit Verantwortung) übertragen
  • dem Kind viel zutrauen (z.B. es alleine zum Bäcker schicken, wenn der Weg ungefährlich ist)

soziale Kompetenzen

  • Vorbild der Eltern: wie soziale Kontakte mit Verwandten, Freunden und Nachbarn gepflegt, mit Senioren und Migranten umgegangen wird
  • das Gespräch miteinander wertschätzen (z.B. Tischgespräch)
  • jedes Familienmitglied lässt die anderen ausreden, hört zu
  • Kind helfen, eigene Gefühle zu erkennen, zu beherrschen und angemessen auszudrücken
  • Empathie und Mitgefühl fördern (z.B. Kind sich in ein weinendes Kind, in einen behinderten Menschen hineinversetzen lassen; Perspektiven und Emotionen anderer Menschen verbalisieren)
  • Konflikte verbal lösen, kompromissbereit sein
  • häufig Kinder einladen
  • Kind Erfahrungen in größeren Gruppen vermitteln (lernen, sich einzuordnen, sich gewaltfrei durchzusetzen, Konflikte zu lösen, fair zu sein, zu kooperieren, Aufgaben gemeinsam zu lösen)
  • Teamfähigkeit entwickeln durch Aufgabenteilung im Haushalt, gemeinsames Kochen, Planung von Festen usw.
  • Rollenspiele fördern, sich an diesen selbst beteiligen
  • Regelspiele (lernen, Regeln einzuhalten, abzuwarten und sich zurückzunehmen)

Werte und Sekundärtugenden

  • Religion/ eigene Werte/ Traditionen leben
  • alltägliche Sinnfragen erörtern; eigenes Verhalten begründen (Bezug zur Wertebasis)
  • Bilderbücher und Märchen anbieten, in denen ethische Fragen thematisiert werden
  • für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, von Deutschen und Migranten eintreten
  • Vorbild der Eltern: anderen Menschen gegenüber höflich, freundlich, taktvoll, hilfsbereit, tolerant usw. sein; das Kind ausreden lassen, sich bei ihm entschuldigen, wenn man einen Fehler gemacht hat
  • Kind zu Pünktlichkeit, Sauberkeit, Ordnungsliebe, Fleiß, Ehrlichkeit, Zeitmanagement usw. anhalten; gutes Benehmen einfordern
  • Kind anderen eine Freude machen lassen: Erfahrung des Gebens und Teilens
  • klare Strukturen zu Hause schaffen: feste Essens- und Schlafzeiten, Regeln, Verteilung von Aufgaben usw.
  • nicht alle Wünsche des Kindes erfüllen, sodass es Frustrationstoleranz entwickelt

Feinmotorik

  • Kind häufig zum Malen und Basteln ermuntern (erlebt sich als kreativ und schaffend; bereitet Freude, wenn es Bilder verschenkt), mit ihm malen
  • mit Ton, Plastilin und Salzmehlteig arbeiten
  • Butter auf das Brot schmieren lassen
  • Abwaschen und Abtrocknen
  • Kochen und Backen (Schneiden, Reiben, Ausstechen...)
  • sich selbst Anziehen

Grobmotorik

  • körperliche Anstrengung zulassen (z.B. laufendes Kleinkind bei ersten Ermüdungserscheinungen nicht gleich in den Buggy setzen)
  • Kinder beim Hausputz und Schneeräumen einbeziehen
  • Mithilfe bei der Gartenarbeit
  • Wege möglichst zu Fuß zurücklegen, mit spielerischen Elementen verbinden (nicht auf die Fugen zwischen den Platten treten, auf Mauern balancieren)
  • Schwimmen/ gemeinsames Turnen/ Bodybuilding (falls Geräte im Haus)
  • Bergsteigen, Klettern, "Abenteuertage" im Wald

Die Tabelle verdeutlicht, dass neben der Einbindung in Alltagsaktivitäten dem Reden, Vorlesen, Erkunden, Erleben, Musizieren, Malen, Werken und vor allem dem Spielen eine große Bedeutung zukommt. Sowohl Psychologie als auch Hirnforschung betonen, dass die kognitive und emotionale Entwicklung von Kleinkindern am besten durch das Spiel gefördert wird. Im (Rollen-) Spiel entdecken und begreifen Kinder die Welt, lernen durch Beobachten, Handeln und Erfahrung, schulen ihre Sinne, erproben für Erwachsene typische Verhaltensweisen, entwickeln Fantasie und Kreativität, bilden motorische Fertigkeiten und soziale Kompetenzen aus.

Kinder, die konzentriert spielen können, widerstehen auch eher den "Verlockungen" des Fernsehens. Niemals sollten Kleinkinder durch das Anschalten des Fernsehers "ruhiggestellt" werden. Organisationen wie z.B. die Amerikanische Akademie der Kinderärzte oder die Stiftung Kindergesundheit fordern sogar, dass Kinder unter zwei Jahren überhaupt keine Zeit vor Bildschirmen verbringen sollten - selbst dann nicht, wenn dort so genannte "Förderprogramme" gezeigt würden - und dass ältere Kleinkinder höchstens 30 Minuten am Tag fernsehen dürften (möglichst gemeinsam mit den Eltern). Je ausgeprägter der Fernsehkonsum ist, umso häufiger leiden Kinder nach wissenschaftlichen Untersuchungen unter Bewegungsmangel und Fettleibigkeit, umso schlechter können sie sich konzentrieren, umso geringer sind Wortschatz und grammatikalische Fähigkeiten, umso schwächer sind (später) die Schulleistungen.

Zukunftsfähigkeit wird bei Kleinkindern also am ehesten durch das Spiel, durch die Interaktion mit Eltern und anderen Menschen sowie durch das Einbinden in Alltagsaktivitäten erreicht. Bei der Förderung der kindlichen Entwicklung sollte auch immer bedacht werden, dass es im Leben nicht nur auf den Schulerfolg ankommt. Die Familie muss insbesondere für Kleinkinder ein Platz sein, wo sie sich sicher und geborgen fühlen. Nur wenn Eltern sie ihre Liebe, Zuneigung und Fürsorge spüren lassen, werden Bindungen ausgebildet und aufrechterhalten, entstehen Urvertrauen und Selbstakzeptanz.

Aber auch ältere Kinder sollten nicht auf ihre Leistung reduziert werden, sondern als "ganze" Personen mit all ihren Stärken und Schwächen wahrgenommen und akzeptiert werden. Deshalb ist es wichtig, dass ein Kind genau beobachtet wird und seine Eltern sich fragen: "Was für ein Typ ist eigentlich unsere Tochter/ unser Sohn? Eher theoretisch oder eher praktisch ausgerichtet? Eher der geborene Anführer oder der gute Freund? Eher fantasievoll oder eher realistisch? Eher sprachlich gewandt oder eher in sich gekehrt?" Diese Fragen helfen Eltern, ihr Kind als Individuum mit einzigartigen Charakteristika wahrzunehmen. Deshalb sollten sie es auch möglichst nicht mit Geschwistern oder fremden Kindern vergleichen. Vielmehr sollten Eltern beobachten, wo seine besonderen Begabungen und Fähigkeiten liegen - viele Talente werden von Eltern und Lehrern unterschätzt, können aber die Grundlage für den späteren Lebens- und Berufserfolg bilden. So bietet sich ein ressourcenorientiertes Vorgehen an: Durch das Fokussieren der Stärken seitens der Eltern entwickelt das Kindes Leistungsfreunde, Erfolgsorientierung und Selbstvertrauen.

Je häufiger und genauer Eltern ihr Kind beobachten, umso besser können sie beurteilen, ob es schulfähig ist. Das Einschulungsalter wurde in den letzten Jahren nach unter ausgeweitet, sodass nun auch Fünfjährige an Grundschulen aufgenommen werden können. Dies macht es besonders wichtig, die körperliche, geistige, soziale und gefühlsmäßige Reife eines Kindes zu bewerten, bevor über seine Einschulung entschieden wird.

Da Eltern jedoch gerade bei Kleinkindern dazu tendieren, ihren eigenen "Sprössling" besonders positiv zu beurteilen, sollten sie auch Meinungen anderer Personen einholen, die ihr Kind gut kennen. Hier ist vor allem an seine Erzieherinnen zu denken, die nicht nur über mehr entwicklungspsychologisches Wissen als Eltern verfügen und mehr Erfahrung mit Kleinkindern haben, sondern das Kind auch in der Gruppe Gleichaltriger erleben.

Förderung von Schulkindern

Nach der Einschulung ist ein Kind weiterhin auf die Unterstützung seiner Eltern angewiesen: Zum einen können sie es gezielt beim Erwerb schulischer Lerninhalte, zum anderen allgemein in seiner Entwicklung fördern, wobei die Übergänge fließend sind. Beides hilft dem Kind, zukunftsfähig zu werden.

Eltern sollten prinzipiell eine positive Haltung gegenüber der Schule einnehmen - selbst wenn sie in ihrer eigenen Schulzeit viele negative Erfahrungen gemacht haben oder kritisch gegenüber der Schule von heute eingestellt sind. Nur dann kann ihr Kind unvoreingenommen seine Schullaufbahn beginnen. Deshalb sollten Eltern ihm auch nie Fragen stellen, die Negatives implizieren, also z.B. "Heute war es bestimmt wieder langweilig in der Schule, oder?" bzw. "Du hast doch sicherlich wieder nicht aufgepasst!?"

Außerdem ist wichtig, dass Eltern Interesse an den Erfahrungen ihres Kindes in der Schule und an den Lerninhalten zeigen. Dadurch können sie auch dessen Verhalten im Unterricht beeinflussen. Ein Schulanfänger muss schließlich erst lernen, genau hinzuhören, den Ausführungen der Lehrerin gedanklich zu folgen, sich zu melden und zu akzeptieren, dass er meistens nicht dran kommt. So können Eltern ihr Kind motivieren, sich in jeder Stunde so oft zu melden, bis es mindestens einmal aufgerufen wurde. Auf diese Weise fördern sie Konzentration und Selbstüberwindung. Ferner ermutigen sie es, immer nachzufragen, wenn es etwas nicht verstanden hat.

Eltern sollten auch mit ihrem Kind über seine Klassenkameraden, seine Beziehung zu ihnen, besondere Ereignisse in der Klassengemeinschaft, Konflikte und ähnliche Themen sprechen. Auf diese Weise zeigen sie Interesse an seinen sozialen Erfahrungen und Erlebnissen. Schließlich ist für das Lernen bzw. für die weitere Entwicklung eines Kindes auch wichtig, ob es mit seinen Klassenkameraden zurechtkommt bzw. inwieweit es soziale Kompetenzen ausbildet.

Lesen und Schreiben sind wichtige Kulturtechniken, von deren Beherrschung die weitere Schullaufbahn eines Kindes und damit seine Zukunftsfähigkeit abhängen. Natürlich erlernt das Kind diese Fertigkeiten in der Schule, aber Eltern können einiges dafür tun, dass ihr Kind wirklich gut wird: Wenn sie beispielsweise Literacy-Erziehung bereits in der frühen Kindheit betrieben haben (s.o.), wird ihr Kind schon Freude an Bilderbüchern entwickelt haben. Nun gilt es, dieses Interesse auf Kinderbücher zu übertragen: Lesen lernt man nämlich am besten durch viel Lesen. Eltern können ihr Kind auch gelegentlich auffordern, laut zu lesen, denn dann liest es konzentrierter. Sinnvoll ist ferner, sich einmal aus einem (Kinder-) Buch vorlesen zu lassen und mit dem Kind über den Text zu sprechen. So zeigen Eltern Interesse und bestärken ihr Kind. Zugleich erkennen sie, ob es den Text auch verstanden hat.

Da Kinderbücher teuer, aber schnell durchgelesen sind, können Eltern sich zu Hause auf einige wenige Exemplare beschränken. Sie sollten ihr Geld lieber für Kinderlexika, Nachschlagewerke, Wörterbücher, einen Atlas oder einen Globus ausgeben, auf die während der Schulzeit immer wieder zurückgegriffen werden kann. Kinderbücher können hingegen gemeinsam mit dem Kind in einer Bücherei ausgeliehen werden; hier findet es eine große Auswahl vor. Selbst wenn es sich nur für ein Thema - z.B. Raubkatzen - interessiert, ist dies in Ordnung: Schließlich kommt es jetzt vor allem darauf an, dass es viel liest.

Auch beim Erlernen der Rechtschreibung ist eine positive Grundhaltung der Eltern wichtig. So können sie ihr Kind zunächst für richtig geschriebene Wörter loben, bevor sie mit ihm nach Fehlern suchen. Ferner können Eltern ihr Kind anhalten, Schreibanlässe zu nutzen, die mit der Schule nichts zu tun haben: Schon am Ende der ersten Klasse können Kinder kurze Briefe an Freunde und Verwandte verfassen. Manche werden auch stolz sein, wenn sie z.B. die Einkaufsliste, eine SMS oder eine Notiz schreiben dürfen.

Neben den Kulturtechniken müssen sich Schulkinder viele weitere Kenntnisse aneignen. Hier können Eltern ihrem Kind am besten helfen, wenn sie zunächst seinen Lernstil ermitteln (visuell, auditiv oder kinästhetisch). Prinzipiell tun sich Kinder in der Schule leichter, wenn sie alle drei Lernstile beherrschen, da sich die jeweiligen Aufgaben mit einem bestimmten Lernstil am besten bewältigen lassen - z.B. die Rechtschreibung mit dem visuellen oder sportliche Aktivitäten mit dem kinästhetischen. Bevorzugt ein Kind aber einen Lernstil, sollten Eltern es entweder an die anderen beiden heranführen oder ihm helfen, seinen Stil bestmöglich zu nutzen: Ein überwiegend auditiv Lernender profitiert z.B. davon, wenn er zu lernende Texte laut liest, sie sich vorlesen lässt oder sie auf Kassette aufnimmt und dann abspielt. So werden wichtige Aussagen seltener überlesen, prägt sich der Text besser ein. Ein visuell Lernender lernt vor allem durch Lesen, wobei verschiedenfarbige Textmarker hilfreich sein können. Aber auch Videos, Fotos, Poster und Grafiken sind nützlich. Kinästhetisch Lernende tun sich am schwersten, da sie in der Schule ihre Stärken nur in Fächern wie Sport, Werken oder Kunst "ausspielen" können. Sie profitieren vom Basteln von Modellen, vom Experimentieren oder von Besuchen an Orten, die mit Lerninhalten in Bezug stehen - z.B. von einem Bauernhof, einer Burg oder einem Museum.

Für die Zukunft ist besonders wichtig, dass Kinder das Lernen lernen, also wissen, wie man sich selbst Informationen besorgt und Kenntnisse aneignet. Deshalb ist es sinnvoll, wenn Eltern einzelne Fragen ihres Kindes nicht beantworten, sondern es bei der Suche nach Antworten anleiten. So können sie mit ihm in Kinder- und Erwachsenenlexika, in Büchern oder im Internet recherchieren. Vieles lässt sich auch durch Beobachtung oder mit Hilfe von Experimenten herausfinden.

Schulanfänger sind stolz darauf, wenn sie etwas Neues gelernt haben. Eltern können ihr Kind darin bestärken, wenn es z.B. bei Großeltern oder Nachbarn mit seinen frisch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten "glänzen" will. Zudem entwickeln sich dann oft weitergehende Gespräche, in denen das Kind seinen Horizont erweitert, von den Erfahrungen der Gesprächspartner profitiert sowie kommunikative und soziale Kompetenzen schult.

Ein Kind lernt besser, wenn die Informationsaufnahme mit positiven Gefühlen verbunden ist, wenn es also z.B. beim Lernen ein Lob oder ein Anlächeln erfährt. Während Eltern einem Kleinkind viel Aufmerksamkeit und Zuwendung schenken, wenn es das Krabbeln lernt oder die ersten Worte sagt, loben sie ein Schulkind weit seltener - schimpfen oft sogar mit ihm. Eltern sollten auch ein älteres Kind häufig positiv verstärken - insbesondere wenn es Angst vor Misserfolg hat oder auf einem Gebiet unsicher ist. Prinzipiell sollte in erster Linie die Anstrengung (und nicht das Ergebnis) gelobt werden - Erfolge kommen schließlich aufgrund der aufgebrachten Mühe zustande, und diese muss deshalb besonders gewürdigt werden.

Ein Kind sollte an sich selbst glauben - und daran, dass es alles, was es erreichen will, auch erreichen kann, dass sich Anstrengung lohnt. Selbst wenn ein Grundschulkind unrealistische Vorstellungen verfolgt - z.B. ein großer Fußballstar werden möchte -, sollte es nicht desillusioniert werden: Es muss selbst merken, wo seine Grenzen liegen. Nun aber wird es sich sportlich engagieren - und sein Gedächtnis trainieren, indem es die Namen von Fußballspielern, deren besonderen Qualitäten, die Spielergebnisse u.v.a.m. lernt.

In diesem Kontext ist es auch wichtig, dass ein Kind lernt, mit Misserfolgen umzugehen. Anstatt die Einstellung "Man kann unmöglich alles können!" zu entwickeln, sollte es im Misserfolg eine Chance sehen, aus seinen Fehlern lernen, andere Methoden einsetzen oder einen neuen Lösungsweg ausprobieren zu können.

Laut Hirnforschung wird das Lernen gefördert, wenn ein Kind vitamin-, mineral- und ballaststoffreich ernährt wird, sich oft an der frischen Luft bewegt und ausreichend Schlaf bekommt. Empfehlenswert ist, wenn Kinder zumindest vor Schultagen zur gleichen Uhrzeit schlafen gehen und pünktlich aufstehen, sodass morgens keine Hektik entsteht. Es sollte immer genügend Zeit für ein gesundes Frühstück vorhanden sein.

Die weitaus meisten Grundschüler machen zunächst gerne ihre Hausaufgaben - und sei es auch nur, weil sie ihre Lehrerin lieben und alles tun würden, um von ihr etwas Anerkennung zu erfahren. Das Lernen macht ihnen Spaß; sie sind stolz, wenn sie ihre Hausaufgaben zu ihrer eigenen Zufriedenheit erledigt haben.

Eigentlich sollten Grundschüler die Hausaufgaben alleine und in relativ kurzer Zeit machen. In der Realität kontrollieren aber viele Eltern die Hausaufgaben ihrer Kinder. Je älter die Kinder werden, umso häufiger kommt es deswegen zu Konflikten. Hausaufgaben und das Lernen vor Prüfungen können somit das Eltern-Kind-Verhältnis und das Familienklima stark belasten. Deshalb sollten Eltern ihren Kindern möglichst frühzeitig die Verantwortung hierfür übertragen - das selbständige Lernen ist schließlich ein wichtiges Entwicklungsziel.

Erneut muss betont werden, dass Eltern ihre Kinder nicht überfordern dürfen. Fühlen sich diese dauernd unter Druck gesetzt und stoßen sie ständig an ihre Grenzen, verlieren sie mit der Zeit die Lust am Lernen und jegliche Leistungsmotivation. Es ist somit wichtig, dass sich Eltern ein realistisches Bild von ihrem Kind, von seinen Stärken und Schwächen, von seinen Talenten und von seiner Leistungsfähigkeit machen. Oft entdecken sie dann ganz neue Interessen und Qualitäten an ihrem Kind, z.B. musische, handwerkliche, soziale oder sportliche Begabungen. Erst wenn sie ihr Kind so annehmen, wie es ist, können sie es von dort abholen, wo es steht.

Zur Vermeidung einer Überforderung gehört auch, dass Grundschulkinder genügend Zeit zur Entspannung, für Hobbys, zur Bewegung im Freien, für Sport und zum Spielen mit Freunden erhalten. So sollte zum einen die in ihre Freizeit fallende Zahl von Terminen und zum anderen die Fernseh- bzw. Medienzeit begrenzt sein. Das Fernsehen darf nicht etwas Selbstverständliches sein, und deshalb sollte auch kein Fernseher im Kinderzimmer stehen (dann schauen Schulkinder laut wissenschaftlicher Studien doppelt so viel fern wie Gleichaltrige ohne eigenen Fernseher). Außerdem empfiehlt es sich, Sendungen bewusst auszuwählen, sie öfters gemeinsam mit dem Kind anzuschauen und dann mit ihm darüber zu sprechen. Insbesondere schüchterne Kinder sollten immer wieder dazu angehalten werden, Spielkameraden zu besuchen bzw. Schulfreunde nach Hause einzuladen. Nur so können sie für ihre Zukunft wichtige soziale Kompetenzen ausbilden.

Ferner brauchen Kinder eindeutige Grenzen und Regeln, die konsequent durchgesetzt werden. Sie müssen lernen, auf die Absichten, Wünsche und Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder Rücksicht zu nehmen. Diese sollten deshalb nicht verheimlicht werden. Auch sollten die Eltern ihren Kindern immer mehr Aufgaben (z.B. im Haushalt oder Garten, das Versorgen eines Haustiers, das Aufräumen und Putzen des Kinderzimmers) übertragen, da dies zu ihrer Eigenständigkeit beiträgt und zu Verantwortungsbewusstsein führt.

Für die Zukunftsfähigkeit ist besonders wichtig, dass Schulkinder ein positives Selbstbild, Selbstvertrauen, Lernfreude und Leistungsmotivation ausbilden. Sie sollten viel Anerkennung und Lob erfahren - auf materielle Belohnungen wie Süßigkeiten oder Geldgeschenke sollte hingegen weitgehend verzichtet werden. Selbstverständlich müssen Schulkinder nicht so häufig positiv verstärkt werden wie Kleinkinder: Es gehört einerseits zum Prozess des Älterwerdens und der Ablösung, dass Kinder immer weniger Wert auf das Lob ihrer Eltern legen, und andererseits sollten intrinsische - also aus dem Kind selbst kommende - Motivationen zunehmend extrinsische Beweggründe ersetzen. Eltern müssen aber auch zu verhindern suchen, dass ihr Kind aufgrund von zu viel negativem Feedback an Selbstbewusstsein verliert und sich aufgrund von Ängsten neuen Anforderungen entzieht. Tadel ist nur dann angebracht, wenn das Kind fahrlässig oder schuldhaft falsch gehandelt hat. Dabei sollte die Kritik immer auf den Anlass und nicht auf die Person bezogen werden; keinesfalls darf ein Fehler oder ein Misserfolg mit Liebesentzug bestraft werden.

Ferner darf das elterliche Interesse am Kind nicht auf das schulische Lernen verengt werden. Vielmehr benötigt ein Kind Zuwendung in allen Lebenssituationen - und zunächst auch noch Zärtlichkeit und Kuschelerfahrungen. Es muss sich als ganze Person geliebt und in seiner Familie geborgen fühlen.

Förderung von Jugendlichen

Mit zunehmendem Alter des Kindes nimmt der Einfluss der Familie ab - und der Einfluss der Gleichaltrigengruppe (sowie der Medien) zu. Dennoch können Eltern Jugendliche bei den nun anstehenden Entwicklungsaufgaben unterstützen, sodass ihre Kinder zukunftsrelevante Kompetenzen weiter ausdifferenzieren können. Zunächst gilt es, das Interesse an dem Schulischen zu erhalten - was oft mit vielen Konflikten verbunden ist -, bis ältere Jugendliche selbst die Verantwortung für das Lernen übernehmen. Selbst wenn viele Eltern nicht mehr die Hausaufgaben verstehen oder bei Prüfungsvorbereitungen helfen können, lassen sich Lernfreude und Leistungsorientierung noch (begrenzt) beeinflussen. Auch bei der Berufsfindung können Eltern unterstützend wirken.

Im Jugendalter löst sich das Kind immer mehr von seiner Familie ab und wendet sich seinen Freunden zu. Die Peerbeziehungen werden intensiver; hier finden Jugendliche nun emotionale Nähe und Sicherheit, Vertrauen und Offenheit. Erste Partnerschaften lassen sie Erfahrungen mit Liebe und Intimität, mit Geben und Nehmen machen. Zugleich differenzieren sie ihre Geschlechtsrolle weiter aus. Eltern können es ihren Kindern erleichtern, soziale Netze aufzubauen und Beziehungen einzugehen. Ihre Toleranz ist besonders gefordert, wenn sie mit Freunden bzw. Partnern nicht einverstanden sind, weil diese z.B. aus einer anderen Ethnie oder Schicht stammen.

Haben Jugendliche Hobbys oder sind sie Mitglied in Vereinen, werden sie wenig Freizeit vor dem Fernseher oder Computer verbringen. Sportliche Betätigungen fördern Körperbeherrschung und Selbstvertrauen. Musizieren (in einer Band), Komponieren, Malen, Theaterspielen und ähnliche Aktivitäten werden nun selbstbestimmt praktiziert, ermöglichen den Ausdruck kreativer Begabungen und beeinflussen oft die Berufswahl. Positiv ist, wenn entsprechende Kompetenzen in der Kindheit gefördert wurden, Eltern den mit solchen Aktivitäten verbundenen Zeitaufwand akzeptieren und benötigte (finanzielle) Ressourcen zur Verfügung stellen.

Zu den Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen gehört außerdem, die eigene körperliche Erscheinung zu akzeptieren und ihre Identität weiter auszubilden. Ferner müssen sie eine eigene Wertorientierung bzw. Weltanschauung entwickeln. Auch hierbei können Eltern nur noch begrenzt helfen; wichtig bleiben aber ihr Vorbild und die Erfahrungen, die ihr Kind in den Jahren zuvor in seiner Familie gesammelt hat.

Jugendliche beginnen also zunehmend selbst die Verantwortung für die eigene Zukunftsfähigkeit zu übernehmen. Sie stellen nun die Weichen für ihren weiteren Lebensweg, der - hoffentlich - mit beruflichem Erfolg, Zufriedenheit mit sich selbst und positiven sozialen Beziehungen bzw. Partnerschaften verbunden sein wird.

Familien unterstützen

Die in diesem Kapitel skizzierten Anforderungen an Eltern sind sehr hoch - insbesondere wenn man bedenkt, dass in Zukunft der auf Erwachsenen lastende Druck eher noch größer werden wird. Hier sind Arbeitgeber und Politiker gefragt: Es muss endlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichergestellt werden, auch bei höher qualifizierten Mitarbeitern und bei ganztags Beschäftigten mit kleinen Kindern.

Ferner sollten die Angebote der Familienbildung verbessert werden, sodass Eltern die für eine erfolgreiche Erziehung notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen erwerben können. Besonders wichtig ist, dass bisher kaum erreichte Zielgruppen einbezogen werden (z.B. Eltern mit Migrationshintergrund, aus unteren sozialen Schichten und Randgruppen). Hier hat man bereits viele positive Erfahrungen mit aufsuchenden Maßnahmen (z.B. Familienhebammen oder Programme wie "HIPPY", "Opstapje", "Rucksack" und "Griffbereit") oder mit Elterntrainings an Kindertageseinrichtungen und Schulen gesammelt.

Schließlich muss die Politik die in den letzten Jahren oft abgebauten Beratungs- und Unterstützungsangebote für Eltern mit Erziehungsschwierigkeiten und anderen Belastungen wieder ausweiten und Schwellenängste reduzieren, indem Hilfen so weit wie möglich im sozialen Umfeld von Familien angeboten werden (z.B. in Familienzentren oder an Schulen).